13.Februar 2009
20.00h
Nils Röller
Vortrag: Zwischen Augen und Ohren – Ein Vorschlag, Instrumente zu denken
Kunsthochschule Weißensee – Aussenstelle Monbijoupark*
Oranienburger Str. 77
10178 Berlin
Ausgehend von einer Studie zur Geschichte des Kompasses diskutiert der Vortrag Beziehungen zwischen Wissenschaftsgeschichte und Ästhetik. Zentral ist dabei das Dreiecksverhältnis zwischen Mensch, Instrument und Natur, das Ohren und Augen unterschiedlich beansprucht. Bei der Beschäftigung mit dem Magnetismus formulieren Dichter wie Melville, Stifter und Pound ästhetische Programme. So kann man zeigen, dass magnetische Erfahrungen moderne Konzeptionen des künstlerischen Subjekts lenken. Pound versteht zum Beispiel Künstler als Wahrnehmungsorgane der „Gattung“:
„Mit einem Volk, das die Wahrnehmungen seiner Künstler missachtet, geht es abwärts. Nach einer Weile hört es zu wirken auf und vegetiert nur. Es ist womöglich sinnlos, dies Leuten zu sagen, die es nicht einsehen, ohne dass man es ihnen sagt.
Künstler und Dichter werden zweifellos lange vor der Allgemeinheit von den Ereignissen erregt und `über-erregt`.
Bevor man sich schlüssig wird, ob jemand ein Narr oder ein hervorragender Künstler ist, wäre es angebracht, nicht nur zu fragen: regt er sich ungebührlich auf? Sondern auch; sieht er etwas, was wir nicht sehen?
Die problematischen und faschistischen Züge Pounds werden in der Folge, z.B. von Charles Olson kritisiert, zugleich aber die Bedeutung von Navigationsmitteln und Werkzeugen unterstrichen. In Auseinandersetzung mit diesem Diskurs deutet der Vortrag auch das akute Interesse der Medien und der Ratgeberliteratur an Kompassen aller Art. Kompasse bieten sich als suggestive Metaphern an, mit denen sich das heutige orientieren können soll; die Beschäftigung mit dem Kompass liefert allerdings ebenso Argumente zu einer Theorie „reiner Mittel“.